In der Übersetzung von Rabbiner Samson Raphael Hirsch s“l
Exodus 19-20
Am dritten Neumond nach dem Auszuge der Söhne Jisraels aus dem Lande Mizrajim, an demselben Tage waren sie in die Wüste Sinai gekommen; sie zogen nämlich von Refidim, kamen in die Wüste Sinai, schlugen ihr Lager in der Wüste auf, und Jisrael lagerte dort dem Berge gegenüber. Mosche aber war hinan gegangen zu Gott hin, da rief ihm Gott vom Berge zu: Also sage dem Hause Jaakobs und stelle den Söhnen Jisraels vor: Ihr habt gesehen, was ich an Mizrajim getan, während ich euch auf Adlerflügel hob und euch zu mir brachte. Und nun, wenn ihr auf meine Stimme ernstlich hören und meinen Bund hüten wollet, so müsst ihr mehr als alle Völker mir ausschließlich angehören, denn mein ist die ganze Erde. Ihr aber sollt mir ein Reich von Priestern und ein heilig Volk sein! Dies sind die Worte, die du zu Jisraels Söhnen sprechen sollst. Mosche kam, berief die Ältesten des Volkes und legte ihnen alle diese Worte vor, die ihm Gott aufgetragen. Das ganze Volk antwortete einstimmig und sprach: Alles, was Gott gesprochen, wollen wir tun. Mosche brachte die Worte des Volkes zurück zu Gott. Gott sprach darauf zu Mosche: Siehe, ich komme zu dir in einer Verdichtung der Wolke, damit das Volk höre, wenn ich mit dir rede, und so werden sie auch dir für immer vertrauen. Mosche hielt Gott die Worte des Volkes entgegen. Gott aber sprach zu Mosche: Gehe zum Volke und heilige sie heute und morgen, und lasse sie ihre Kleider waschen. Lasse sie zum dritten Tage bereit sein; denn am dritten Tage wird Gott vor den Augen des ganzen Volkes auf den Berg Sinai sich hinablassen. Umgrenze das Volk ringsum und sage ihm: Hütet euch wohl, den Berg zu besteigen oder auch nur einen Teil davon zu berühren! Jeder, der den Berg anrührt, soll getötet werden. Daß ihn keine Hand berühre! Denn gesteinigt soll er werden, oder nur hinabgestürzt, sei es Vieh oder Mann, er soll nicht leben bleiben; wenn das Entlassungshorn seine Töne dehnt, dürfen sie wieder den Berg ersteigen. Mosche ging vom Berge hinab zum Volke, heiligte das Volk, und sie wuschen ihre Kleider. Er aber sprach zum Volke: Seid auf drei Tage bereit; nahet euch keinem Weibe. Und es war am dritten Tage, als der Morgen ward, da waren Donner und Blitze und eine schwere Wolke auf dem Berge und ein überaus starker Schofarton. Alles Volk, das im Lager war, erbebte. Mosche führte das Volk hinaus, Gott entgegen aus dem Lager; sie stellten sich aufrecht im Talgrund des Berges. Der Berg Sinai dampfte ganz, deswegen weil Gott auf ihn im Feuer sich hinabgelassen. Sein Dampf stieg auf wie der Dampf des Kalkofens, und der ganze Berg erzitterte sehr. Und während der Schofarton immer fortfuhr und stärker wurde, sprach Mosche, und Gott antwortete ihm laut. Gott ließ sich hinab auf den Berg Sinai, hin zu dem Gipfel des Berges, und Gott rief Mosche hin zu dem Gipfel des Berges, und Mosche stieg hinan. Da sprach Gott zu Mosche: Gehe hinab, warne das Volk, daß sie nicht durchbrechen zu Gott hin, um zu sehen, es könnte viel von ihm fallen. Und auch die Priester, die zu Gott hintreten, sollen an ihre Heiligung denken, sonst könnte Gott über sie Verderben senden. Mosche erwiderte Gott: Es kann das Volk nicht zum Berge Sinai hinansteigen, denn du hast uns gewarnt: umgrenze den Berg und heilige ihn! Da sprach Gott zu ihm: Geh hinab, und komme du wieder herauf und Aharon mit dir; die Priester aber und das Volk sollen nicht durchbrechen zu Gott hinanzusteigen, er könnte sonst Verderben unter sie senden. Mosche stieg hinab zum Volke und sagte es ihnen.
Da sprach Gott alle diese Worte: Ich, ד׳, sei dein Gott, der ich dich aus dem Lande Mizrajim, aus dem Sklavenhause hinausgeführt. Es soll dir nicht ein anderer Gott sein vor meinem Angesichte. Mache dir nicht in Bild, noch in irgend einer Darstellung, was im Himmel in der Höhe, was auf Erden in der Tiefe, oder was im Wasser ist tief unter der Erde, wirf dich ihnen nicht hin und diene ihnen nicht; denn ich, ד׳, dein Gott, bin ein sein ausschließendes Recht fordernder Gott, denke die Sünde von Eltern an Kindern, an dritten und an vierten Geschlechtern, denen, die mich hassen, und übe Liebe Tausenden, denen die mich lieben, und denen, die meine Gebote hüten. Nimm nicht den Namen ד׳ deines Gottes zum Gleichgültigen auf dich; denn es läßt Gott den nicht frei, der seinen Namen zum Gleichgültigen auf sich nimmt. Denke des Schabbattages ihn zu heiligen. Sechs Tage diene und schaffe all dein Werk, und der siebte Tag ist Schabbat Gott, deinem Gotte. Keinerlei Werk sollst du schaffen, du und dein Sohn und deine Tochter, dein Knecht und deine Magd, und dein Vieh, und dein Fremder, der in deinen Toren; denn sechs Tage hatte Gott den Himmel und die Erde, das Meer und alles, was in ihnen ist, gebildet, als er mit dem siebten Tage ruhte; darum hat Gott den Tag des Schabbats gesegnet, da er ihn heiligte. Ehre deinen Vater und deine Mutter; damit lange deine Tage dauern auf dem Boden, den Gott, dein Gott, dir gibt. Du sollst nicht morden; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht als Lügenzeuge wider deinen Nächsten aussagen. Du sollst nicht erlüsten das Haus deines Nächsten; du sollst nicht erlüsten das Weib deines Nächsten, seinen Knecht, seine Magd, seinen Ochsen, seinen Esel, noch irgend was deinem Nächsten gehört. Und das ganze Volk sah die Stimmen und die Flammen, und den Schofarruf, und den Berg dampfend; das Volk sah und bebte, und stand von ferne — und sie sprachen zu Mosche: Sprich du mit uns, wir wollen hören; möge Gott nicht mit uns sprechen, wir könnten sterben. Da erwiderte Mosche dem Volke: Fürchtet nicht, denn in der Absicht, euch zu erproben, ist Gott in dieser Erscheinung gekommen, und in der Absicht, daß seine Furcht vor eurem Angesicht bleibe, so daß ihr nicht sündiget. Es blieb das Volk von ferne, und Mosche war hingetreten zu dem Gewölke, wo Gott erschienen. Da sprach Gott zu Mosche: Also sprich zu Jisraels Söhnen: Ihr habt gesehen, daß ich vom Himmel mit euch gesprochen; gestaltet ihr nichts bei mir; Götter aus Silber und Götter aus Gold sollt ihr euch nicht machen. Einen Altar aus Erde sollst du mir machen und darauf deine Emporopfer und Friedenopfer, dein Schaf und dein Rind opfern; an jedem Orte, wo ich meines Namens gedacht wissen will, werde ich zu dir kommen und dich segnen. Und wenn du mir einst einen Altar aus Steinen errichten wirst, sollst du sie nicht behauen bauen; denn hast du dein Schwert über einen geschwungen, so hast du ihn entweiht. Und nicht vermittelst Stufen sollst du zu meinem Altar hinansteigen, so daß deine Blöße nicht auf ihm enthüllt werde.